Donnerstag, 17. März 2016

Freie Schule Altmark




Meine Suche nach kindgerechten Grundschulen führte mich zur „Freien Schule Altmark“ (FSA) in der Nähe von Salzwedel, über die ich nun im Folgenden kurz berichten möchte. Die „Freie Schule Altmark“ ist eine staatlich anerkannte Grundschule, die für Freiheit, Geborgenheit und Individualität steht. Sie befindet sich in einer dörflichen Region und ist in einem umgebauten Bauernhof zu finden. Die Schule entstand 1994 durch eine Elterninitiative und beruht auf einem reformpädagogischen Konzept, welches einen Schwerpunkt auf Montessoripädagogik legt.

Am 8.03 hatte ich die Möglichkeit zu hospitieren und erhielt einen interessanten Einblick in die Schule. Ein gewöhnlicher Schultag beginnt in der FSA um 8:00 Uhr und endet um 13:00 Uhr. Die Klassen sind ab dem zweiten Schuljahr altersheterogen und bestehen aus bis zu 13 Schülern. Es gibt drei Klassengruppen, die erste erst Klasse (Löwenzähne) ist separiert und die zwei weiteren Gruppen (Wildblumen, Tausendblatt) setzen sich aus Schülern der zweiten bis vierten Klasse zusammen. Jede Klasse wird von einer ausgebildeten Montessoripädagogin geleitet. Ein Großteil der Schulzeit besteht aus für die Kinder aus frei wählbaren Angeboten, aber es gibt auch Pflichtfächer, wie beispielsweise Mathe, Deutsch und Englisch, die einmal die Woche besucht werden müssen. Desweiteren besteht eine verbindliche Teilnahme an der Morgen- und Abschlussrunde. Vor den Klassenzimmern befindet sich eine Übersicht aller Angebote, bei Interesse können die Kinder ihre Namensklammer an Angebote befestigen. Die Angebote wechseln auch und richten sich nach den Interessen der Schüler. Momentan gibt es beispielsweise einen Themenschwerpunkt zu „Flucht und Willkommenskultur“, auf welchen ich später noch genauer eingehen werde. Im Sommer gibt es für die Kinder die Möglichkeit den Schulgarten mitzugestalten, im Winter finden viele Kreativkurse statt (Handarbeit), des Weiteren gibt es auch ein Sportangebot. Während meiner Hospitation konnte ich in den Fächern: Englisch, Mathe und an einem spontanen Angebot teilnehmen.
Die Englischstunde, startete mit einem Smalltalk in dem alle Schüler befragt wurden, wie sie sich fühlen würden und kurz etwas über sich erzählten. Danach begann das Thema „Essen im Restaurant bestellen“. Dazu wurden Menükarten ausgeteilt und Jeder, sollte sein Wunschmenü bestellen. Kurz danach wurden die bestellten Menüs durch Bildkarten verteilt. Im Anschluss erfolgte Selbstarbeit, dazu teilten sich die Schüler selbst in Gruppen auf und gingen in verschiedene Räume. Die Lerngruppen bestanden aus bis zu vier Schülern. In der Lerngruppe, die ich beobachtete, gab es einen regen Austausch zu den Aufgaben, aber auch Gespräche mit unterrichtsfremden Themen, wie beispielsweise einer geplanten Friedensdemonstration in Salzwedel, bei der einige Schüler teilnehmen wollten. Jeder arbeitete in der Gruppe in seinem Tempo, einige waren schon etwas weiter (trotzdem entstand untereinander kein Leistungsdruck), wenn es Schwierigkeiten gab, wurde von anderen Schülern, die bereits weiter waren eine Hilfestellung gegeben.
Nach der Englischstunde, erfolgte der Matheunterricht. In diesem wurden zunächst verschiedene Knobelaufgaben mit Montessorimaterialien von der Lehrerin vorgestellt. Die Aufgaben hatten unterschiedliche Schwierigkeitsstufen und dienten teilweise als Training für eine „Känguru Matheolympiade“, die bald stattfinden sollte. Nachdem sich jedes Kind selbstständig und einige durch Beratung mit der Lehrerin eine Knobelaufgabe ausgesucht hatten, wurden diese einzeln oder auch in Gruppen gelöst.
In der letzten Stunde hatte sich für ein freies Angebot der Vater eines Kindes angekündigt, welcher aktiv in einer Flüchtlingsinitiative tätig ist. Er unterstützt beispielsweise in Griechenland Flüchtlinge durch ein von ihm kostenfrei bereitgestelltes Kochzelt,  in dem er Mahlzeiten zubereitete. Leider war er an diesem Tag durch einen dringenden Termin verhindert, deshalb entschlossen sich die Schüler dazu ihre Willkommensschilder weiter zu basteln und sangen zum Schluss der Stunde gemeinsam mit der Lehrerin ein Friedenslied, welches sie für eine Demonstration bei einer Flüchtlingsunterkunft in Salzwedel einübten.
Während der Pause erzählte die Lehrerin, dass sie sich mit dem Thema Flucht auch schon durch das Buch „Bestimmt wird alles gut“ von Kerstin Boie beschäftigt hatten. Sie hatte es innerhalb eines Angebotes vorgelesen. Das Buch ist in Arabisch und Deutsch geschrieben und enthält auf der letzten Seite ein paar wichtige arabische Basiswörter. Ein weiteres Buch mit sehr eindrucksvollen Illustrationen ist „Akim rennt“. Die skizzenhaften Bilder des Buches geben die Flucht und Schrecken des Krieges eindrucksvoll wieder.
Zum Schluss möchte ich auf Besonderheiten eingehen, die mir innerhalb meiner Hospitation aufgefallen sind. In der Schule gibt es ein Verbot für Mobiltelefone[1], dies gilt auch während der Pausen. In den Pausen ist es den Kindern außerdem freigestellt zu entscheiden, ob sie diese im Außenbereich oder im Klassenraum verbringen möchten. Einige Lernangebote finden auf dem Boden statt. Die Englischstunde wurde beispielsweise teilweise in einem unbestuhlten Raum durchgeführt und auch während des Matheunterrichtes hatten die Kinder die Möglichkeit auf dem Teppich zu sitzen. Durch die andere Sitzordnung gibt es mehr Bewegungsfreiheit und die Schüler können sich besser konzentrieren. Bei der Raumgestaltung fiel mir auf, dass alle Räume in einem warmen hellen gelb gestrichen sind. Die Schule hat keine Bibliothek, steht aber in einem regelmäßigen Austausch mit einem mobilen Bücherwagen, der von den Kindern oft besucht wird.
Abschließen möchte ich mit einem Zitat, welches wie ich finde, gut einen wichtigen Punkt des Freiheitsaspektes der Freien Schule Altmark wiedergibt: „Die Aufgabe der Umgebung ist nicht, das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“
(Maria Montessori)


[1] Das Verbot wurde von den Pädagogen eingeführt um ein besseres Lernklima zu schaffen.

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