Meine Suche nach kindgerechten
Grundschulen führte mich zur „Freien Schule Altmark“ (FSA) in der Nähe von Salzwedel,
über die ich nun im Folgenden kurz berichten möchte. Die „Freie Schule Altmark“
ist eine staatlich anerkannte Grundschule, die für Freiheit, Geborgenheit und
Individualität steht. Sie befindet sich in einer dörflichen Region und ist in
einem umgebauten Bauernhof zu finden. Die Schule entstand 1994 durch eine
Elterninitiative und beruht auf einem reformpädagogischen Konzept, welches
einen Schwerpunkt auf Montessoripädagogik legt.
Am 8.03 hatte ich die Möglichkeit
zu hospitieren und erhielt einen interessanten Einblick in die Schule. Ein
gewöhnlicher Schultag beginnt in der FSA um 8:00 Uhr und endet um 13:00 Uhr.
Die Klassen sind ab dem zweiten Schuljahr altersheterogen und bestehen aus bis
zu 13 Schülern. Es gibt drei Klassengruppen, die erste erst Klasse (Löwenzähne)
ist separiert und die zwei weiteren Gruppen (Wildblumen, Tausendblatt) setzen
sich aus Schülern der zweiten bis vierten Klasse zusammen. Jede Klasse wird von
einer ausgebildeten Montessoripädagogin geleitet. Ein Großteil der Schulzeit
besteht aus für die Kinder aus frei wählbaren Angeboten, aber es gibt auch
Pflichtfächer, wie beispielsweise Mathe, Deutsch und Englisch, die einmal die
Woche besucht werden müssen. Desweiteren besteht eine verbindliche Teilnahme an
der Morgen- und Abschlussrunde. Vor den Klassenzimmern befindet sich eine
Übersicht aller Angebote, bei Interesse können die Kinder ihre Namensklammer an
Angebote befestigen. Die Angebote wechseln auch und richten sich nach den
Interessen der Schüler. Momentan gibt es beispielsweise einen Themenschwerpunkt
zu „Flucht und Willkommenskultur“, auf welchen ich später noch genauer eingehen
werde. Im Sommer gibt es für die Kinder die Möglichkeit den Schulgarten
mitzugestalten, im Winter finden viele Kreativkurse statt (Handarbeit), des Weiteren
gibt es auch ein Sportangebot. Während meiner Hospitation konnte ich in den Fächern:
Englisch, Mathe und an einem spontanen Angebot teilnehmen.
Die Englischstunde, startete mit
einem Smalltalk in dem alle Schüler befragt wurden, wie sie sich fühlen würden
und kurz etwas über sich erzählten. Danach begann das Thema „Essen im Restaurant
bestellen“. Dazu wurden Menükarten ausgeteilt und Jeder, sollte sein Wunschmenü
bestellen. Kurz danach wurden die bestellten Menüs durch Bildkarten verteilt.
Im Anschluss erfolgte Selbstarbeit, dazu teilten sich die Schüler selbst in
Gruppen auf und gingen in verschiedene Räume. Die Lerngruppen bestanden aus bis
zu vier Schülern. In der Lerngruppe, die ich beobachtete, gab es einen regen
Austausch zu den Aufgaben, aber auch Gespräche mit unterrichtsfremden Themen,
wie beispielsweise einer geplanten Friedensdemonstration in Salzwedel, bei der
einige Schüler teilnehmen wollten. Jeder arbeitete in der Gruppe in seinem
Tempo, einige waren schon etwas weiter (trotzdem entstand untereinander kein
Leistungsdruck), wenn es Schwierigkeiten gab, wurde von anderen Schülern, die
bereits weiter waren eine Hilfestellung gegeben.
Nach der Englischstunde, erfolgte
der Matheunterricht. In diesem wurden zunächst verschiedene Knobelaufgaben mit
Montessorimaterialien von der Lehrerin vorgestellt. Die Aufgaben hatten unterschiedliche
Schwierigkeitsstufen und dienten teilweise als Training für eine „Känguru
Matheolympiade“, die bald stattfinden sollte. Nachdem sich jedes Kind
selbstständig und einige durch Beratung mit der Lehrerin eine Knobelaufgabe
ausgesucht hatten, wurden diese einzeln oder auch in Gruppen gelöst.
In der letzten Stunde hatte sich
für ein freies Angebot der Vater eines Kindes angekündigt, welcher aktiv in
einer Flüchtlingsinitiative tätig ist. Er unterstützt beispielsweise in
Griechenland Flüchtlinge durch ein von ihm kostenfrei bereitgestelltes Kochzelt,
in dem er Mahlzeiten zubereitete. Leider
war er an diesem Tag durch einen dringenden Termin verhindert, deshalb
entschlossen sich die Schüler dazu ihre Willkommensschilder weiter zu basteln
und sangen zum Schluss der Stunde gemeinsam mit der Lehrerin ein Friedenslied,
welches sie für eine Demonstration bei einer Flüchtlingsunterkunft in Salzwedel
einübten.
Während der Pause erzählte die
Lehrerin, dass sie sich mit dem Thema Flucht auch schon durch das Buch
„Bestimmt wird alles gut“ von Kerstin Boie beschäftigt hatten. Sie hatte es
innerhalb eines Angebotes vorgelesen. Das Buch ist in Arabisch und Deutsch
geschrieben und enthält auf der letzten Seite ein paar wichtige arabische
Basiswörter. Ein weiteres Buch mit sehr eindrucksvollen Illustrationen ist
„Akim rennt“. Die skizzenhaften Bilder des Buches geben die Flucht und
Schrecken des Krieges eindrucksvoll wieder.
Zum Schluss möchte ich auf
Besonderheiten eingehen, die mir innerhalb meiner Hospitation aufgefallen sind.
In der Schule gibt es ein Verbot für Mobiltelefone[1],
dies gilt auch während der Pausen. In den Pausen ist es den Kindern außerdem
freigestellt zu entscheiden, ob sie diese im Außenbereich oder im Klassenraum
verbringen möchten. Einige Lernangebote finden auf dem Boden statt. Die
Englischstunde wurde beispielsweise teilweise in einem unbestuhlten Raum
durchgeführt und auch während des Matheunterrichtes hatten die Kinder die
Möglichkeit auf dem Teppich zu sitzen. Durch die andere Sitzordnung gibt es
mehr Bewegungsfreiheit und die Schüler können sich besser konzentrieren. Bei
der Raumgestaltung fiel mir auf, dass alle Räume in einem warmen hellen gelb
gestrichen sind. Die Schule hat keine Bibliothek, steht aber in einem
regelmäßigen Austausch mit einem mobilen Bücherwagen, der von den Kindern oft
besucht wird.
Abschließen möchte ich mit einem
Zitat, welches wie ich finde, gut einen wichtigen Punkt des Freiheitsaspektes
der Freien Schule Altmark wiedergibt: „Die Aufgabe der Umgebung ist nicht,
das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich zu offenbaren.“
(Maria Montessori)
(Maria Montessori)
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