Donnerstag, 5. November 2015

Der Kampf gegen den "Ausverkauf der sozialen Ethik"




Um gegen die Ökonomisierung der Kinder- und Jugendhilfe (KJH) vorzugehen wurde im Jahr 2012 das „Bündnis Kinder- und Jugendhilfe – für Professionalität und Parteilichkeit  von Matthias Heintz initiiert.[1] Heintz arbeitet als Pädagoge und Familientherapeut im Bereich der Sozialen Arbeit sowie in der Kinder- und Jugendhilfe und als Dozent an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Er hat in seiner Arbeit selbst mit den unzureichenden Standards der KJH zu kämpfen und möchte deshalb dagegen vorgehen. Das Bündnis setzt sich zusammen aus Interessierten des Fachbereichs Kinder- und Jugendhilfe. Die Hauptaufgaben des Bündnisses liegen darin das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) abzusichern und Standards der Kinder und Jugendhilfe zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.[2]

Bisher fühlt sich das Bündnis nicht von der Politik wahrgenommen in seinen Problemen. Aus diesem Grund gibt es aktuell die Petition „Bundesweites Memorandum Jugendhilfe“.[3] Diese soll auf die negativen Folgen des neoliberalen Sozialabbaus in der Kinder- und Jugendhilfe aufmerksam machen. Die Auswirkungen zeigen sich unter anderem in der zunehmenden Ökonomisierung der Sozialen Arbeit, welche einen hohen Verlust professioneller Hilfen zur Folge hat, da diese kostenintensiver sind. Es soll daher eine Abkehr von negativen fachlichen Beeinflussungen aufgrund von Sparkonzepten erfolgen. Ein Ende der Einsparmaßnahmen ist bisher jedoch nicht in Sicht, weshalb sich die Kinder- und Jugendhilfe zur Wehr setzen will, um nicht für weitere Einsparpläne missbraucht zu werden. Im Memorandum wird eine Verbesserung der Umsetzung rechtlicher Grundlagen für Kinder und Jugendliche gefordert, dazu ist eine richtige Umsetzung des SGB VIII unabdingbar. Desweiteren werden die Arbeitsbedingungen (Entlohnung, Arbeitszeit) bemängelt, welche zu einer zunehmenden Entfremdung der Arbeit führen.[4] Ein weiteres Problem ist die Reduzierung der Kinder auf verwertbares Humankapital, stattdessen sollten sie in ihren Rechten wahrgenommen werden. Das Memorandum endet mit der Frage: „Sind die Ideen des Marktliberalismus und die Ethik der Sozialen Arbeit und speziell der Kinder- und Jugendhilfe überhaupt vereinbar?[5]

Es ist festzustellen, dass es eine höchst problematische Entwicklung der KJH durch die neoliberale Politik gibt. Seit der Agenda 2010 zieht sich der Staat zunehmend aus der öffentlichen Daseinsfürsorge zurück und das ehrenamtliche Engagement rückt immer stärker in den Vordergrund.

Der schweizer Sozialreformer Johann Heinrich Pestalozzi sagte einst: „Wohltätigkeit ist das Ersaufen des Rechts im Mistloch der Gnade.[6]“ Dieser hart klingende Ausspruch, der noch heute aktuell ist, soll darauf aufmerksam machen, dass die Rechtsstaatlichkeit ein hohes Gut ist und darauf gründende Rechtsansprüche nicht durch Ehrenamtlichkeit ersetzt werden dürfen.[7] 

Die Ehrenamtsarbeit ist zwar auch wichtig für die Gesellschaft, aber sie darf keine professionellen Arbeitsstellen substituieren. Diese Problematik zeichnet sich jedoch zurzeit ab. Aktuell kümmern sich beispielsweise Ehrenamtliche um die Eingliederung von Flüchtlingsfamilien, durch Maßnahmen wie Sprachkurse und psychosoziale Betreuung wird versucht Hilfe zu leisten, die der Staat nicht gibt.  

Bisher konnten 657 UnterstützerInnen für die Petition der KJH erreicht werden. In 155 Tagen soll die Petition eingereicht werden, bis dahin müssen 50.000 Stimmen gesammelt werden. Auch Ihr könnt bei der Stimmensammlung helfen unter: https://www.openpetition.de/petition/online/bundesweites-memorandum-jugendhilfe



[1] Vgl., Berger, Jens, Die neoliberale Domestizierung der Sozialen Arbeit, Initiative zur Verbesserung der Qualität politischer Meinungsbildung e.V., In: http://www.nachdenkseiten.de/?p=27957(21.10.2015)
[2] Vgl., Meyer, Peter, Über uns, BKJ Leitbild, Bündnis Kinder- und Jugendhilfe, In: http://buendnis-jugendhilfe.de/uber-uns-2/ (21.10.2015)
[3] Seithe, Mechthild, Bündnis Kinder- und Jugendhilfe, In: https://memorandumjugendhilfe.files.wordpress.com/2015/09/2015_memorandum.pdf (21.10.2015), S.1
[4] Ebd., S.2
[5] Siehe, Ebd., S.3
[6] Siehe, Zusammenspiel von staatlicher Verantwortung und gesellschaftlicher Selbsthilfe: In: http://www.ev-akademie-boll.de/fileadmin/res/otg/400707-Rilling.pdf, S.3
[7] Vgl., Rilling, Dieter, Zusammenspiel von staatlicher Verantwortung und gesellschaftlicher Selbsthilfe

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